Bus01Es ist eine schwüle Hochsommernacht, als am Montag den 21. August 2000, um 3.14 Uhr, über Pager und Sirene die Alarmierung zu einem Busunfall mit mehreren Toten erfolgte.

Im Gegenverkehrsbereich der A 1 in Pöchlarn kollidierten ein LKW Zug, beladen mit Kleidern, daher ein hoher Schwerpunkt mit einem deutschen Reisebus, welcher Jugendliche in ein Ferienlager am Plattensee in Ungarn bringen sollte. Durch die überhöhte Geschwindigkeit des LKW Zuges geriet der Anhänger ins Schleudern und mit seiner Oberkante schlitze er das Obergeschoss des Buses auf. Acht Jugendliche, welche an dieser Seite saßen waren sofort tot, 23 andere zum Teil schwer verletzt. Ein weiterer LKW Zug, beladen mit Granitwürfeln, kam durch sein abruptes Bremsmanöver ebenfalls ins Schleudern, stürzte um und verteilte seine Ladung auf die Fahrbahnen.

Dies die Fakten jenes Unfalles, welcher sich zu einem folgenschweren Großeinsatz mit Konsequenzen entwickelte.

Als die Feuerwehr Pöchlarn am Einsatzort eintraf, waren bereits starke Rettungskräfte mit der Versorgung der Verletzten intensiv beschäftigt. Ein schwer verletztes Mädchen mußte mittels der Drehleiter aus ihrer verklemmten Lage im Obergeschoß des Buses geborgen werden, die minder blessierte und schockierten Kinder saßen am Böschungsrand und wurden von den Begleitpersonen und von Walter Resch (FF Pöchlarn), Pater Stephan (FF Matzleinsdorf) betreut. Ebenso im Einsatz war die Feuerwehr Melk. Der Fahrer des Verursacherfahrzeuges wurde von der Polizei einvernommen, dann später auch von Walter Resch und dem Roten Kreuz in Obhut genommen. Der Fahrer konnte diesen Unfall nie verwinden und endete Jahre später durch Suizid.

Trotz der frühen Morgenstunden war das mediale Interesse sehr groß und die ersten Informationen an deutsche Radio- und Fernsehstationen wurden, auf nüchterne Fakten beschränkt, da der Einsatz noch im Laufen war, von Günter Annerl (FF Pöchlarn) vorgenommen. Es erwies sich jedoch als notwendig, um die Medien vom Unglückort ferne zu halten, eine Pressekonferenz im FF Haus in Melk zu installieren, wo die Verantwortlichen – wie Einsatzleiter Brandrat Josef Göls (AFKDO Melk) – zu dem Unglück Stellung nahmen.

Noch in den Morgenstunden wurde ein leerer Bus auf der Gegenfahrbahn angehalten und die Jugendlichen vom Ort des Geschehens in das Rot Kreuz Haus nach Melk gebracht.

Die Bergung der Toten konnte erste nach Freigabe durch die Staatsanwaltschaft am Vormittag erfolgen, was auf Grund der Verstümmelungen der Opfer ein sehr belastendes Arbeiten war.

Dieser fordernde Einsatz, welcher die Feuerwehrangehörigen psychisch extrem forderte war der Anstoß zur Schaffung von besonders geschulten Feuerwehrkräften, ihre Kameraden in solch Grenzsituationen zu helfen – es war dies Geburtsstunde der „Peers“

Was bedeutet der Begriff „Peer“, der in der englischen Sprache mehrere Bedeutungen hat. Peer ist ein Adelstitel, ein Vorname, ein Familienname, ist eine Stadt in Belgien und hat etymologisch die Bedeutung „gleichgestellt“, „Gleicher“ unter „Gleichen“ und geht sprachwurzelig auf das lateinische “per“ zurück.

Dies ist in der Praxis bedeutungsvoll, denn eine Betreuung kann nur dann konstruktiv und wirksam sein, wenn es keine hinderlichen Ränge oder Hierarchien gibt. Entwickelt wurde dieses System im zweiten Weltkrieg in der US Armee durch Jeffrey T. Mitchell und in modifizierter Form von anderen Einsatzorganisationen und sozialen Institutionen übernommen.

Für die Feuerwehren ist das Peersystem nur für Feuerwehrangehörige geschaffen und wurde 2001 dann gegründet. Im Bezirk Melk war es wiederum Walter Resch, welcher als Erster diese Ausbildung

absolvierte. Bei einem Besuch bei der Berufsfeuerwehr Dresden erzählte Günter Annerl über das niederösterreichische Peersystem, welches kurz darauf der Freistaat Sachsen übernahm.

Anlässlich der Ausstellung „Vom Löscheimer zum Katastrophenschutz“ im Stift Geras wurde eine CD über schwere Einsätze geschaffen, welche den Titel „Wir sind alle keine Helden“ trug. Heldentum ist wahrlich keine feuerwehrspezifische Eigenschaft, wir sind unserer Wertigkeit auch so bewusst und dass die Feuerwehren im Anerkennungsrang der Bevölkerung einen Spitzenplatz halten, bestätigt unsere ehrenamtliche, freiwillige Tätigkeit

Daher ist es richtig und wichtig, in besonderen Situationen sich der Hilfe aus den eigenen Reihen im Rahmen des Peersystems gewiss sein zu können.

Verantwortlich für Bericht und Fotos: Günter Annerl, EVR